Nachfolger für Bbr. Bischof Franjo Komarica

 · 

ESSEN / BANJA LUKA. Bbr. Bischof Franjo Komarica (78), Ehrenmitglied der Unitas Ruhrania und des Unitas-Verbandes, der in den vergangenen 35 Jahren als Bischof von Banja Luka amtierte, hat seit heute einen Nachfolger: In der Kathedrale von Banja Luka ist am Samstag, 2. März 2024, der 60-jährige Zeljko Majic zum neuen Bischof geweiht worden. Komaricas altersbedingten Rücktritt von der Spitze der Diözese in Bosnien-Herzegowina hatte der Papst im Dezember zeitgleich mit der Ernennung von Majic angenommen.

Bei der Amtseinführung waren die Bischöfe aus Bosnien und Herzegowina anwesend, ebenso Bischöfe aus Kroatien, Serbien, Montenegro, Slowenien, Österreich und Norwegen, der Apostolische Nuntius Francis Chullikatta, muslimische Geistliche und zahlreiche Spitzen der Politik aus der Föderation Bosnien und Herzegowina sowie Kroatiens Premierminister Andrej Plenkovic und Außenminister Gordan Grlic. Premier Plenkovic dankte dem scheidenden Bischof Komarica „für alles, was er für die Gläubigen und das kroatische Volk getan hat“.

Würdigung für „Glaubenszeugen“ Komarica

Wie die Katholische Presseagentur Österreich Kathpress heute berichtet, fand bereits am Freitagabend in Banja Luka ein Dankgottesdienst und eine Festveranstaltung für den emeritierten Bischof statt. Komarica stand der Diözese seit 1989 vor und war zudem viele Jahre Vorsitzender der bosnischen Bischofskonferenz: „Während des Bosnienkrieges in den 1990er Jahren erhob Komarica immer wieder seine Stimme gegen „ethnische Säuberungen“ und setzte sich dabei gleichermaßen für Katholiken, Orthodoxe und Muslime ein. Nuntius Chullikatta würdigte den Langzeit-Bischof laut der bosnischen katholischen Nachrichtenagentur KTA als „glaubwürdigen und mutigen Glaubenszeugen“, besonders in den Kriegsjahren von 1991 bis 1995. Komarica habe nicht kapituliert, sondern sich vehement für eine Verhandlungslösung des Krieges eingesetzt und hunderte Caritas-Hilfstransporte für die am meisten Bedürftigen organisiert. Er habe seine Diözese auch angesichts der ständigen Bedrohung und Zerstörung unzähliger Kirche, Klöster und Bildungszentren nicht verlassen, sondern das Leid der Menschen geteilt.“

Schwierig sei die Situation auch in der Nachkriegszeit geblieben, so Kathpress: „Mit der erfolgten Vertreibung, Flucht und Abwanderung teils nach Übersee von insgesamt fast 90 Prozent der Gläubigen seiner Diözese. „Bischof Komarica versuchte jedoch, seine Herde wieder zu vereinen und zu sammeln, um in ihren Herzen Hoffnung, Begeisterung und Leidenschaft für die Erneuerung seines Lebens, seiner Diözese, seiner Pfarren und seiner Familien zu wecken“, so Chullikatta. Auch die Organisation des Besuchs von Johannes Paul II. 2003 in Banja Luka und die Pflege der interreligiösen Beziehungen durch Komarica hob der Nuntius hervor.

Bischof Majic, 1988 in der Diözese Mostar-Duvno zum Priester geweiht und von 1997 bis 2000 Sekretär des Mostarer Bischofs Ratko Peric, war nach Jahren in der Pfarrseelsorge von 2006 bis 2012 Vizerektor des kroatischen Priesterkollegs in Rom, bis 2021 Generalvikar und seit 2019 Caritas-Direktor in seiner Heimatdiözese Mostar-Duvno. Zu seinem Amtsantritt erklärte er, dass derzeit alle vier Diözesen in Bosnien und Herzegowina den „Märtyrertod“ erlitten – vor allem die Diözese Banja Luka. Von 30.000 Katholiken, die vor dem Krieg in dem Gebiet um seine Bischofsstadt gelebt hätten, seien nur noch 1.500 übriggeblieben. Bosnien und Herzegowina, ein „von Gott gegebenes, wunderschönes Land“, sei seit Jahrhunderten „Übungsfeld für Interessen aus dem Ausland“, zudem werde die Vielfalt nicht als Bereicherung gesehen, sondern für Spaltung genutzt. Bosnien und Herzegowina sei somit ein „Pulverfass“, in dem sich Katastrophen wie Morde und Vertreibungen ereigneten, wenn es angezündet werde, wie man zuletzt vor 30 Jahren erlebt habe, berichtet Kathpress.

Ein Streiter für Menschenrechte und Freiheit der Kirche

Bbr. Bischof Dr. Franjo Komarica, 1946 in Banja Luka geboren, studierte im österreichischen Innsbruck Theologie und Kirchenmusik, promovierte 1978 im Fach Liturgiewissenschaften und lehrte bis 1986 an der Theologischen Hochschule in Sarajevo. 1985 wurde er Weihbischof in Banja Luka, 1989 Bischof - in einem damals noch multikulturellen und multiethnischen Gebiet. Komarica nutzte die Möglichkeiten seines Amtes seit den ersten Auflösungserscheinungen des kommunistisch regierten, noch gemeinsamen Staates der Serben, Bosnier und Kroaten, leitete viele Initiativen für eine lebendigere Kirche in seinem Bistum ein. Als Vertreter der römisch-katholischen Kirche im ehemaligen Jugoslawien war er lange Zeit das jüngste Mitglied der Bischofskonferenz in Rom und war seit 1992 Mitglied des Päpstlichen Rates für den Dialog der Kirchen.

1992-1995, während des Krieges in Bosnien-Herzegowina, kamen 80 Prozent des Bistums Banja Luka unter die Kontrolle der bosnischen Serben, die mit „ethnischen Säuberungen“ ein Regime der Unterdrückung und Vertreibung errichteten. 25.000 Katholiken fielen den serbischen Aggressoren zum Opfer. Sie wurden aus ihren Häusern getrieben, misshandelt und ermordet. Gleichzeitig wurden 98 Prozent der Kirchen und Klöster zerstört, Priester und Ordensleute mussten fliehen oder wurden umgebracht. In dieser Zeit wurde Bischof Dr. Komarica zum mutigen Streiter für die Menschenrechte und die Würde jedes Menschen, rettete durch besonnene Verhandlungen unzähligen Menschen, Katholiken, Orthodoxen und Moslems, das Leben. Dem Druck der serbischen Behörden beugte er sich nicht, auch der zynischen Aufforderung, die Stadt „um seiner Sicherheit willen“ zu verlassen, folgte er nicht. Dafür wurde er von Mai bis Dezember 1995 unter Hausarrest gestellt. Durch seine Appelle aber machte er weltweit auf die brutale Verletzung der Menschenrechte und auf die materielle Not in seinem Land aufmerksam und suchte die politisch Verantwortlichen der Welt mit Briefen und Denkschriften aufzurütteln. Bei der Unterzeichnung des Friedensvertrags von Dayton warnte er die Verantwortlichen vor neuen Ungerechtigkeiten, die das Abkommen mit sich bringe.

Bischof Komarica und die UNITAS

Bei einer gemeinsamen Veranstaltung von UNITAS Ruhrania und Junger Union in Essen, Stadtbezirk Ruhrhalbinsel, mit der Kroatischen Gemeinde in Essen, hatte er am 29. Oktober 1997 nach einer gemeinsamen Messe einen Vortrag in der bis auf den letzten Platz gefüllten Unterkirche von St. Gertrud gehalten. Nach dem Vortrag hatten ihm die Bundesbrüder der UNITAS Ruhrania bei einem Abendessen im Restaurant „Herzegowina“ die Ehrenmitgliedschaft angetragen, die er gerne annahm. Komarica unterstrich seinerzeit: „Die UNITAS ist eine großartige Idee. Es ist schade, dass sie sich noch nicht bei uns entwickelt hat. Haltet an ihr fest, füllt sie mit Leben!“

Heinrich-Pesch-Preis des UNITAS-Verbandes

1997 wurde Bischof Komarica mit dem Heinrich-Pesch-Preis des UNITAS-Verbandes ausgezeichnet - „ein Friedensstreiter Gottes“, so hieß es in der Laudatio durch Bbr. Prof. Dr. Lothar Roos (Bonn): „Sie haben angesichts der unermesslichen Leiden, die Sie persönlich, die ihnen anvertrauten Gläubigen und viele andere der auf dem Gebiet Ihrer Diözese lebenden Menschen durch die zurückliegenden kriegerischen Ereignisse erdulden mussten, das Beispiel eines wahrhaft guten Hirten gegeben. Sie haben durch ihr Ausharren, Ihre sozial-karitative Tätigkeit gegenüber den Notleidenden ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit und Religion und durch ihr Eintreten für die Würde und Rechte aller Menschen, öffentlich kundgemacht, wofür die Soziallehre der Kirche steht.“

Unitas-Ehrenmitgliedschaft 1998

Beim Vereinsfest zu Ehren der Maria Immaculata am 6. Dezember 1998 nahm er die Ehrenmitgliedschaft bei einem Festakt im Bonner Collegium Albertinum entgegen. Mit ihr würdigte der UNITAS-Verband - damals wenige Tage vor dem 50. Jahrestag der Verkündung der Menschenrechte - die Verdienste des engagierten Oberhirten aus Bosnien-Herzegowina für seinen unermüdlichen Kampf für Gerechtigkeit und Frieden. Bischof Komarica zeigte sich sehr bewegt: „Wir sind hier aus vielen Völkern Europas. Und wir fühlen uns dem Prinzip der Solidarität verpflichtet.“ Es bedeute gemeinsames Füreinander-Einstehen, das Gefühl einer inneren Zugehörigkeit vieler untereinander und werde in der Form der christlichen Nächstenliebe am konkretesten. „Solidarität begegnet uns in Christus in ihrer vollkommensten Form“, erklärte er und erinnerte zugleich daran, dass Christsein sich auch darin zeige, ob man gewillt sei, Opfer zu bringen. Der Kontinent Europa, in dem seine dezimierten Landsleute um das „Recht auf Heimat“ kämpften, brauche insgesamt diese christlich verstandene Solidarität, um nicht den zerstörerischen Kräften ausgeliefert zu werden. Europa erwarte die neue Besinnung auf verbindende Grundlagen und Werte. Ohne sie bleibe Europa eine Utopie. Von den kleinsten Gemeinschaften, aus den Familien und Vereinen, sei die „Hoffnung Europa“ aufzubauen. „Sind wir gerüstet für unseren Einsatz auf der Baustelle Europa und für die Arbeit im Weinberg des Herrn?“

Gerade die UNITAS-Mitglieder seien mit ihren Prinzipien herausgefordert, sich an den geistigen Auseinandersetzungen um das Fundament Europas aktiv zu beteiligen. Angesichts der gesellschaftlichen Entwicklungen in den letzten Jahrzehnten müsse die UNITAS kraftvoll und optimistisch nach ihren Möglichkeiten wirken. „Auch eine kleine Gruppe überzeugter Christen kann viel erreichen“, meinte er mit Verweis auf den Burscheneid. Unitarier seien zu gesellschaftlicher Einflussnahme berufen und dürften sich im vielstimmigen Konzert der Meinungsmacher und Entscheidungsträger nicht verstecken. Sie seien die entscheidenden, betonte Bischof Komarica. „Diesen Tag werde ich nie vergessen“, versicherte das neue Ehrenmitglied seinerzeit. Er fühle sich unter „echten Bundesbrüdern“.

Soziale Projekte in Bosnien-Herzegovina

Nach dem den abgeschlossenen Wiederaufbau eines großen Kinderheims des auch im Bistum Essen vertretenen Ordens der „Dienerinnen vom Kinde Jesu“ (Kroatische Gemeinde in Borbeck-Vogelheim) in Sarajewo hatte der UNITAS-Verband Bbr. Franjo Komarica mit einem weiteren Sozialen Verbandsprojekt unterstützt. Ab 2003 wurde ein ehemaliges Presbyterium in Prijedor, Diözese Banja Luka/Bosnien-Herzegovina, mit 112.000 Euro zu einem Internat für 20 Schüler aus entfernten Bergregionen umgebaut.

Zuletzt traf die Ruhr-Unitas mit Bbr. Komarica am 26. Mai 2009 im Duisburger Abtei-Gymnasium zusammen. Der UNITAS-Zirkelvorsitzende von Essen, Bbr. OStD Martin Gewiese, hatte den Bischof von Banja Luka /Bosnien-Herzegowina im Rahmen eines dicht gedrängten Besuchsprogramms im Namen der UNITAS begrüßen können. Auf das Stichwort „UNITAS“, so Bbr. Gewiese habe sich Bischof Komarica gleich hocherfreut und strahlend an seine Zusammentreffen mit den Unitariern erinnert. „Sie haben mir und uns alle so sehr geholfen, sagte er immer wieder“, so der Essener Zirkelvorsitzende damals über das in enger zeitlicher Bedrängnis stattgefundene Treffen. Einem Brief hatte er ein Programm des laufenden Semesters bei der UNITAS Ruhrania und eine Einladung zum Vereinsfest und Zirkeljubiläum beigelegt. „Bischof Komarica fragte gleich nach dem Datum und überprüfte seine Termine“, doch war leider gleichzeitig andernorts bei einer Tagung eingeplant und habe er seine Absage entschuldigt. Duisburgs Oberbürgermeister und weitere Gesprächspartner bei einem anschließenden Termin mussten sich gedulden, doch als sein Sekretär leise zum Gehen antrieb, verabschiedete sich Bbr. Komarica: „Dieses Zusammentreffen hat mich außerordentlich gefreut!“

Bischof Franjo Komarica, den die Fraktion der Europäischen Volkspartei im Europa-Parlament mit der Robert-Schuman-Medaille ehrte, war seit 2002 Präsident der Bosnisch-Herzegowinischen Bischofskonferenz. Im selben Jahr wurde ihm die Auszeichnung der Coudenhove-Kalergi-Stiftung verliehen, 2005 wurde ihm der Franz-Werfel-Menschenrechtspreis zuerkannt, 2006 der Aschaffenburger Mutigpreis.